Editorial
In dieser Ausgabe berichten wir über den Autobahnausbau, der Ende November zur Abstimmung kommt und den es zu verhindern gilt. Einmal mehr müssen wir aufzeigen, wie die nationale Klimapolitik der Schweiz stockt. Atomstrom hat in der Schweiz und weltweit wieder Aufwind.
In den USA wirbt die demokratische Partei für Erdgas, um mehr Wähler:innen zu gewinnen. Fossile Energie wird auf der ganzen Welt nach wie vor mit Milliarden subventioniert. Fossile Unternehmen lügen gerne, werden aber auch häufiger verklagt. Der jüngste IEA-Bericht zeigt, dass die Solarenergie bis 2033 zur weltweit grössten Quelle für Elektrizität wird. China setzt auf Laborfleisch, während im Westen die Fleischindustrie Fortschritte verhindert. In Grossbritannien wird das letzte Kohlekraftwerk abgestellt und in Deutschland hat das 49 Euro Ticket dazu geführt, dass die Leute mehr mit dem Zug unterwegs sind und die Emissionen im Transportsektor um fast 5% gesunken sind.
Auch dieses Mal müssen wir über Verwüstungen auf allen Kontinenten berichten. Waldbrände verursachten letztes Jahr so viel CO2 wie Indien gesamthaft. Ein neuer Bericht zeigt einmal mehr, dass die Erde sich bereits ausserhalb des sicheren Handlungsraums für die Menschheit befindet, und der Zustand der lebenserhaltenden Erdsysteme verschlechtert sich rapide. Trotzdem können wir nicht einfach aufgeben. Aktiv einen Beitrag für den Klimaschutz zu leisten, hilft gegen die Hoffnungslosigkeit. Damit sind wir wieder am Anfang dieses Editorials: Jede Stimme gegen den Ausbau des Autobahnnetzes ist wichtig. Die Abstimmung am 24. November wird knapp werden.
Schweiz
Autobahnausbau: Mehr Verkehr und mehr Klimaschäden
Am 24. November stimmen wir darüber ab, ob das Autobahnnetz mit 5,3 Milliarden Franken ausgebaut werden soll. Das Parlament hatte sich im Herbst 2023 darauf geeinigt (SVP, FDP und Mitte waren dafür, SP, Grüne und GLP dagegen). Der Verkehrs-Club der Schweiz (VCS) und der Verein Umverkehr ergriffen dagegen das Referendum, deshalb kommt es nun zur Abstimmung.
Betroffen sind sechs Autobahnabschnitte: Zwischen Bern-Wankdorf und Schönbühl BE soll die A1 auf acht Spuren erweitert werden, zwischen Schönbühl und Kirchberg BE sowie zwischen Le Vengeron GE und Nyon VD auf sechs Spuren. Zudem sollen Autobahntunnels in St. Gallen, Schaffhausen und Basel gebaut werden. In der 1. SRF-Umfrage von Anfang Oktober sprach sich eine knappe Mehrheit von 51% für den Ausbau der Autobahnen aus; 45% waren dagegen, 4% noch unentschlossen. Eine Umfrage von 20Minuten und Tamedia hatte zuvor eine Mehrheit von 56% für den Ausbau.
Für den Ausbau von Autobahnen werden stets die gleichen Argumente vorgebracht: Weniger Staus, höhere Sicherheit und volkswirtschaftliche Vorteile. Dies wiederholt sich auch jetzt, wie in der NZZ nachzulesen ist. Mobilität sei «der Schlüssel zu Freiheit und Fortschritt», sagte Mitte-Ständerat und Gewerbeverbandspräsident Fabio Regazzi. Watson berichtet, dass sich das Bundesamt für Strassen (Astra) in der Kommunikation zum geplanten Autobahnausbau von grossen PR-Agenturen (u.a. Büro Farner und FurrerHugi) unterstützen lässt und dafür Millionenbeträge ausgibt.
Dabei zeigt die Mobilitätsforschung, dass zusätzliche Strassen zu mehr Verkehr führen und es mittelfristig erneut zu Staus kommt. Dieser sogenannte induzierte Verkehr ist in zahlreichen Studien belegt (hier eine Übersicht, unter umverkehRen Nr. 141, März 2024: Induzierter Verkehr – eine unbequeme Wahrheit). Das zeigen auch Zahlen für die Schweiz. Beim Bareggtunnel im Kanton Aargau, der seit 2003 sechsspurig befahrbar ist, hat der Verkehr bis heute um 40% zugenommen; die Bevölkerung stieg im gleichen Zeitraum nur um 23%. Und sogar das Bundesamt für Strassen (Astra) räumt laut dem Verein Umverkehr ein, das beabsichtigte Ausbauprojekt Le Vengeron in der Romandie für zusätzlichen Verkehr sorgen wird und in wenigen Jahren erneut Staus auftreten werden.
Ein Ausbau läuft den Klimazielen diametral entgegen. Heute ist der motorisierte Verkehr für ein Drittel der CO2-Emissionen der Schweiz verantwortlich. Seit Jahren verfehlt der Sektor die Klimaziele - gegenüber 1990 nahm der CO2-Ausstoss nur um 8% ab. Selbst der Bundesrat gab in der Botschaft zum geplanten Ausbau der Autobahnen bekannt, dass das Projekt zu einer Erhöhung der Klimagase führen werde.
Mit dem Ausbau der Autobahnen steigen die externen Kosten des Strassenverkehrs. Und diese sind enorm: Nach der neusten Berechnung des Bundesamts für Raumentwicklung führte der motorisierte Strassenverkehr 2021 zu ungedeckten Kosten von 17,3 Milliarden Franken, mehr als doppelt so viel bisher angenommen. Diese umfassen Gesundheitsschäden durch Abgase und Lärm, Klimaschäden wie Ernteausfälle oder Waldschäden, Zerstörung von Natur und Landschaft und auch Unfälle. Grund für die massive Zunahme ist unter anderem eine Anpassung der Methode. So wurden durch Luftverschmutzung verursachte Krankheiten wie Lungenkrebs, Diabetes und Demenz berücksichtigt. Und die Kosten pro ausgestossene Tonne CO2 stiegen von 140 Franken auf 430 Franken. Laut der NZZ (paywall) zweifelt Bundesrat Albert Rösti die neuen Zahlen seines Bundesamts an und will diese extern überprüfen lassen. Angesichts der neuen Berechnung fragt die NZZ (paywall), ob die Schweiz nun die CO2-Abgabe von heute 120 Franken verdreifachen sollte. Mehr dazu hier und hier in der NZZ und bei SRF.
Weiter warnen die Gegner:innen des Autobahnausbaus davor, dass der Verkehr in den Städten deutlich zunehme (die geplanten Projekte enden alle in Städten), dass wertvolles Kulturland zerstört werde und sich die Zersiedlung beschleunige. Hier finden sich die wichtigsten Argumente gegen den Ausbau der Autobahnen. Die Wochenzeitung zeigt hier und hier die negativen Auswirkungen Autobahnbahnpläne auf lokaler Ebene auf.
GLP-Präsident Jürg Grossen skizziert in der NZZ (paywall) wie sich die Staus auf der A1 ohne Ausbau reduzieren lassen: mit flexiblen Arbeitszeiten (um Verkehrsspitzen zu dämpfen), Mobility-Pricing, digitalen Leitsystemen und einer besseren Planung der Siedlungsentwicklung.
Die Abstimmung über die Autobahnen kann auch weitere Strassenprojekte beeinflussen. Ein Nein würde laut Astra-Direktor Jürg Röthlisberger zu einer «völlig neuen Ausgangslage» führen und Autobahnprojekte wie jenes im Zürcher Oberland infrage stellen, berichtet der Zürcher Oberländer (paywall).
2023 war das zweitwärmste Jahr seit Messbeginn
2023 war es in der Schweiz deutlich zu warm: Im Durchschnitt betrug die Jahrestemperatur 7,2 °C, was 1,4 °C über dem Schnitt der Jahre 1991–2020 liegt. Gegenüber der vorindustriellen Periode von 1871−1900 beträgt die Erwärmung bereits 2,8 °C. Damit setze sich der starke Erwärmungstrend der letzten Jahrzehnte fort, schreibt MeteoSchweiz in ihrem Klimabericht. Seit dem Beginn der offiziellen Wettermessungen waren nur 2022 höhere Temperaturen registriert worden. An einigen Standorten, etwa in Basel-Binningen und Bern-Zollikofen, wurden die höchsten Werte seit Messbeginn gemessen.
Und die Erwärmung setzt sich fort: Der August 2024 war laut MeteoSchweiz der zweitwärmste in der Geschichte. Im landesweiten Durchschnitt erreichte die Temperatur 17,1 °C, was 2,7 °C über der Vergleichsperiode 1991–2020 liegt. Heisser war es mit 17,9 Grad nur im Hitzesommer 2003 gewesen. Im Süden der Schweiz sowie in den Bergen wurden die Augustrekorde von 2003 vereinzelt wieder erreicht oder überschritten. Mehr dazu im Tages-Anzeiger (paywall).
Die Hitze hat auch den Gletschern zugesetzt: Das Volumen nahm 2024 um 2,5% ab. Zwei Gründe waren laut der Akademie der Naturwissenschaften Schweiz dafür verantwortlich: rekordhohe Temperaturen im Juli und August sowie Saharastaub, der die Schneeoberfläche färbte und die Schmelze beschleunigte. Die Forschenden hatten gehofft, die Gletscher würden nach zwei Extremjahren (2022 und 2023 hatten die Gletscher zusammen 10% ihres Volumens verloren) nicht weiter schrumpfen. Denn bis in den Juni herrschten sehr günstige Bedingungen: Es lagen 30% mehr Winterschnee als im Mittel und der Frühsommer war regnerisch. Eine dicke Schneeschicht kann das Eis länger vor der Sommerhitze schützen. Mehr dazu in der NZZ und im Tages-Anzeiger (paywall).
Wie die starke Erwärmung die Landschaft verändern wird, macht die NZZ mit einer Visualisierung für das Jahr 2075 deutlich: Die meisten Gletscher sind verschwunden, Skigebiete stillgelegt, Waldbrände werden häufiger, das Trinkwasser wird knapp.
Die Biodiversität wird nicht besser geschützt
In der Schweiz werden nicht mehr Flächen und finanzielle Mittel zur Verfügung gestellt, um die Artenvielfalt zu erhalten und zu verbessern. Die Biodiversitätsinitiative wurde mit 63% abgelehnt. Einzig die Kantone Basel-Stadt und Genf stimmten der Vorlage zu. Was sind die Gründe für das deutliche Resultat: Der Widerstand des Bauernverbands sei unterschätzt worden, heisst es im Tages-Anzeiger (paywall). Die Initiative der Befürworter:innen sei zu brav gewesen und der Widerstand der Strombranche gegen die Vorlage habe viele verunsichert, meint die Aargauer Zeitung. Laut Blick lag es unter anderem an der Vermischung von Heimat- und Naturschutz (die Initiative sah auch vor, Ortsbilder und besondere Baudenkmäler zu schützen).
Die Initiant:innen verlangen nun, dass der Bundesrat einen wirksamen zweiten Aktionsplan Biodiversität beschliesst. Ob mehr Mittel für den Schutz der Artenvielfalt eingesetzt werden, ist angesichts der aktuellen Machtverhältnisse in Bundesrat und Parlament allerdings sehr fraglich. Das zeigt der überarbeitete Aktionsplan Biodiversität, den das Bundesamt für Umwelt in die Ämterkonsultation gab. Für die Artenvielfalt will der Bund 20 Millionen Franken zu Verfügung stellen, wie der Tages-Anzeiger schreibt. Fachleute kritisieren, der Beitrag sei deutlich zu klein und die vorgesehenen Massnahmen ungenügend.
Der Bauernverband und andere Gegner:innen der Initiative haben in der Debatte Tatsachen verdreht und Probleme relativiert oder schöngeredet. Damit haben sie die gleiche Strategie angewendet, die auch im Kampf gegen griffigen Klimaschutz zum Einsatz kommt, wird im Klimapodcast Treibhaus erklärt.
Der Handlungsbedarf zum Schutz der Biodiversität ist gross. Ein Beispiel sind Moorlandschaften. Über 90% der Schweizer Moorflächen sind bereits verschwunden. Der verbleibende Rest ist dank der Rothenthurm-Initiative (auch der Hochebene wollte die Schweizer Armee einen Waffenplatz bauen) zwar geschützt. Doch die Moore sind in einem schlechten Zustand, berichtet der Tages-Anzeiger (paywall) und stützt sich dabei auf eine noch unveröffentlichte Studie der Eidgenössischen Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft. Die Fläche der Hochmoore hat zwischen 2017 und 2023 deutlich abgenommen, und die Flachmoore verlieren an Feuchtigkeit, was sich negativ auf die Flora und Fauna auswirkt.
Wie staatliche Subventionen der Biodiversität schaden, fasst das Online-Magazin Republik zusammen. Kritisch wird unter anderem die Werbung für tierische Produkte beleuchtet, die der Bund jährlich mit 39 Millionen Franken unterstützt. Bereits 2020 hatte eine Studie den Umfang der Staatsförderung, welche die Artenvielfalt gefährden, auf mindestens 34 Milliarden Franken geschätzt.
Dass es um die Biodiversität in der Schweiz schlecht steht, zeigt auch der Sustainable Development Report 2024. Der jährliche UNO-Bericht über die Erreichung der Nachhaltigkeitsziele stellt beim Schutz von Flächen, die in der Schweiz für die Artenvielfalt wichtig sind, eine Verschlechterung fest. Auch beim Ausstoss von Treibhausgasen weist der Bericht auf erhebliche Defizite der Schweiz hin. Mehr dazu bei infosperber.ch.
Der Bundesrat will weniger Klimaschutz
Der Bundesrat hat ein Sparprogramm vorgestellt, um die Ausgaben ab 2027 zu reduzieren. Der Plan setzt massiv beim Klimaschutz an. Der Bundesrat stütz sich dabei auf einen Bericht von Expert:innen, den FDP-Finanzministerin Karin Keller-Sutter in Auftrag gegeben hatte. Der Bericht war erst zwei Wochen zuvor veröffentlicht worden. Eine Übersicht auf SRF.
Am meisten Geld, 400 Millionen Franken, soll beim Gebäudeprogramm wegfallen. Das ist erstaunlich, denn dies ist Teil des Klimagesetzes, welches das Volk im Juni 2023 angenommen hatte. Je zur Hälfte betrifft der Sparvorschlag das Impulsprogramm Heizungsersatz (es fördert einen rascheren Ersatz von Öl- oder Elektroheizungen) sowie die Förderung neuartiger Technologien zur CO₂-Reduktion. Dabei wendet der Bundesrat einen Trick an: CO2-neutrale Technologien sollen weiter gefördert werden, doch sollen dafür nicht Bundesmittel verwendet werden, sondern ein Teil der Einnahmen aus der CO2-Abgabe, wodurch weniger Geld an die Bevölkerung und an Unternehmen zurückerstattet würde. Mehr dazu in der Sonntagszeitung (paywall) und hier und hier in Linkedin-Beiträgen der Journalistin Alex Tiefenbacherin. Die NZZ (paywall) empfiehlt, das Gebäudeprogramm durch CO2-Lenkungsabgaben mit vollständiger Rückerstattung an die Bevölkerung zu ersetzen.
Auch beim öffentlichen Verkehr soll gespart werden. So streicht der Bundesrat die Subventionen für Nachtzüge sowie für E-Busse und E-Schiffe. Die Gelder im Umfang von zusammen 77 Millionen Franken sind Teil des CO2-Gesetzes, welches das Parlament in der Frühlingssession angenommen hatte. Die SBB haben bereits mitgeteilt, dass ohne Förderung keine Nachtzugdestinationen nach Rom oder Barcelona angeboten werden können. Laut dem Tages-Anzeiger hat die SP eine Aufsichtsbeschwerde gegen den Bundesrat eingereicht. Sie wirft dem Gremium «Arbeitsverweigerung beim Klimaschutz» vor. Mehr dazu hier und hier im Tages-Anzeiger (paywall) und in der NZZ.
Das geplante Sparpaket sorgt für heftige Kritik. Die SP sieht darin einen Angriff auf die soziale Schweiz. Laut der Grünen Partei wolle die rechte Regierungsmehrheit den Klima- und Umweltschutz um Jahre zurückwerfen. Und die GLP bemängelt, dass bei Investitionen in die Zukunft gespart werde. Mehr dazu bei Watson, Tages-Anzeiger (paywall) und in der Sonntagszeitung (paywall).
Apropos CO2-Gesetz: Im Juni hatte der Bundesrat die CO2-Verordnung in die Vernehmlassung geschickt. Die Republik hat das Dokument analysiert und ist auf mehrere Abschwächungen gestossen. So soll der Anteil der Emissionen, der im Ausland einspart werden darf, von 25% auf 33% erhöht werden. Die Kompensationspflicht für Treibstoffimporteure wird gelockert. Bei den negativen Emissionen will der Bundesrat keine griffigen Regeln: Damit eine CO2-Senke anerkannt wird, muss das Treibhausgas nur für 30 Jahre von der Atmosphäre ferngehalten werden. Dabei heizt heute ausgestossenes CO2 das Klima während Jahrtausenden auf. Und Zementwerke, Chemie- und Pharmafirmen und andere Unternehmen, die besonders viel CO2 ausstossen, sollen in Zukunft beim Klimaschutz noch stärker staatlich unterstützt werden.
Passend zum Abbau von Klimaschutz, den der Bundesrat plant, fragt der Treibhauspodcast: Kann Kapitalismus Klimaschutz? (Die Antwort lautet nein, aber.)
Wie klimafreundlich sind dein Kanton und deine Wohngemeinde?
Der Gebäudebereich ist für 40% des Energieverbrauchs und rund ein Viertel der Schweizer Treibhausgasemissionen verantwortlich. Hier können die Kantone selbst über die Klimaschutzmassnahmen bestimmen, beim Heizen, Isolieren oder den Anschlüssen für Elektroautos. Die Unterschiede zwischen den Kantonen sind erheblich, wie eine Analyse von WWF und dem Beratungsunternehmen EBP zeigt. Der klimafreundlichste Kanton ist Basel-Stadt, am meisten aufzuholen hat Appenzell Innerrhoden. Untersucht wurden fünf Bereiche: Effizienz der Gebäude, erneuerbare Wärme, erneuerbarer Strom, Elektromobilität und Vorbildfunktion der Kantone.
Gemäss WWF wurden seit dem letzten Kantonsrating von 2019 erhebliche Fortschritte erzielt. Vor allem beim Austausch alter Heizungen durch klimafreundlichere Alternativen habe sich viel getan. Dennoch ist kein Kanton auf Kurs, um die Klimaerwärmung auf 1,5 Grad zu begrenzen. Insgesamt sei die Klimapolitik der meisten Kantone ungenügend. Handlungsbedarf besteht bei der Sanierung von Gebäuden und der Umstellung auf E-Mobilität. Mehr bei SRF.
Wie gut sind die Gebäude an deinem Wohnort isoliert? Wie viel Sonnenstrom wird erzeugt? Wie viele Elektroautos sind in deinem Kanton zugelassen? Antworten auf solche Fragen liefern über 50 interaktive Karten der Plattform OK Klima. Dafür werden öffentlich zugängliche Daten genutzt und alle Gemeinden der Schweiz hinsichtlich Klimafreundlichkeit bewertet. Die Logik des Projekts: Gemeinden und Kantone sind wichtig, wenn es um die Umsetzung einer griffigen Klimapolitik geht. Sie verfügen über zwei Drittel aller öffentlicher Geld und legen die lokalen Rahmenbedingungen fest. Laut den Initiant:innen nutzen sie diesen Spielraum aber nicht aus. Damit sich dies ändert, will OK Klima für mehr Transparenz über mögliche Massnahmen und deren Wirksamkeit sorgen. Gemäss dem Rating sind Städte klimafreundlicher als ländliche Gebiete. Mehr dazu im Blick.
Auch der Bundesrat ignoriert EGMR-Urteil
Im April hatte der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) die Schweiz dafür gerügt, dass sie ältere Frauen zu wenig vor dem Klimawandel schütze. Wie schon der National- und Ständerat weist auch der Bundesrat das Urteil zurück. Er ist der Ansicht, die Schweiz erfülle die klimapolitischen Anforderungen des Urteils, insbesondere mit dem revidierten (und zahnlosen) CO2-Gesetz. Bundesrat Albert Rösti sieht «keinen Handlungsbedarf.» Weitere Massnahmen zur Reduktion des CO₂-Ausstosses will der Bundesrat nicht ergreifen. Die Regierung kritisiert auch, dass mit den Klimaseniorinnen ein Verein zu einer Klage zugelassen worden sei. Damit werde das Verbandsbeschwerderecht auf Klimafragen erweitert, und dies könne den Ausbau von erforderlicher Energieinfrastruktur erschweren.
In der zwölfseitigen Erläuterung an den Europarat nennt den Bundesrat auch die Menge an CO2, welche die Schweiz zwischen 2020 und 2050 ausstossen dürfe, damit das 1,5-Grad-Ziel mit einer Wahrscheinlichkeit von 50% eingehalten werden könne. Dieses CO₂-Budget betrage 1,3 Promille der weltweiten Menge, was 660 Millionen Tonnen CO₂-Äquivalenten entspricht. Dies entspricht der Menge, welche die Schweiz – unter Anrechnung von einer erheblichen Menge im Ausland eingekaufter Klimazertifikaten – ausstossen wird, falls sie die Klimaziele einhält. In der Schweiz leben 1,1 Promille der Weltbevölkerung. Damit beansprucht der Bundesrat einen grösseren Anteil für die Schweiz am weltweiten Budget als umgerechnet pro Kopf, obwohl sich reiche Staaten verpflichtet haben, mehr für den Klimaschutz zu tun als arme Länder. Eine Analyse der Erläuterungen des Bundesrats findet sich in der Republik.
Greenpeace und die Klimaseniorinnen kritisieren die Haltung des Bundesrats und die Angaben zum CO2-Budget. Die verbleibende Menge an Treibhausgasen, welche die Schweiz ausstossen dürfe, sei weniger als halb so gross. Die Umweltorganisation stützt sich dabei auf neueste Zahlen der ETH. Greenpeace hat zudem die Argumente der Gegner:innen des Klima-Urteils unter die Lupe genommen und dazu einen Faktencheck veröffentlicht. Mehr dazu im hier und hier im Tages-Anzeiger und in der NZZ.
Pflegende, Ärztinnen und Ärzte zeigen kein Verständnis für die Kritik von Bundesrat und Parlament am EGMR-Urteil. Die Fachleute (sie haben sich im Konsortium für nachhaltige Gesundheit und ökologischen Wandel des Gesundheitssystems zusammengeschlossen), fordern den Bundesrat in einem offenen Brief auf, seinen Verpflichtungen zur Eindämmung des Klimawandels zum Wohle der menschlichen Gesundheit nachzukommen. Mehr dazu im Tages-Anzeiger.
Wie weitreichend die gesundheitlichen Auswirkungen des Klimawandels gerade auf die ältere Bevölkerung sind, ist in der neuen Ausgabe von ProClim Flash nachzulesen, dem Magazin der Akademie der Naturwissen-schaften Schweiz. Das Heft zeigt Zusammenhänge zwischen Klimawandel und Gesundheit sowie Risiken und Chancen auf. Und beantwortet auch die Fragen, was Klimaangst, also die anhaltende Sorge über den Klimawandel, mit unserer Gesundheit macht und welche Massnahmen gegen den Klimawandel positiv auf die Gesundheit auswirken.
Mehr Zeit für den Solarexpress
Damit alpine Solaranlagen von Bundessubventionen von bis zu 60% der Anlagekosten profitieren können, müssen bis Ende 2025 mindestens 10% der geplanten Leistung ins Netz speisen. Dass die Frist knapp ist, zeichnete sich schon früh ab. Bis heute liegen erst zwei Anlagen rechtskräftige Bewilligungen vor, wie eine Übersicht des Bundesamts für Energie zeigt. Drei weitere sind erstinstanzlich bewilligt, doch dagegen sind Beschwerden eingereicht worden. Für die meisten der 50 geplanten PV-Anlagen sind noch keine Baugesuche eingereicht worden.
Nun will die Kommission für Umwelt, Raumplanung und Energie des Ständerats die Frist verlängern, wie der Tages-Anzeiger berichtet. Nach ihrem Willen sollen Anlagen auch dann subventioniert werden können, wenn bis Ende 2025 das entsprechende Baugesuch öffentlich aufgelegt wurde. Für die Verlängerung muss das Parlament eigentlich eine Gesetzesänderung beschliessen. Doch derzeit prüft das Bundesamt für Energie, ob nicht doch eine Lösung auf Versorgungsstufe gefunden werden kann. Noch im Juni hatte der Bundesrat in einer Antwort auf einer Interpellation zu einer möglichen Fristverlängerung eine Anpassung auf dem Verordnungsweg ausgeschlossen.
In mehreren Kantonen wird darüber diskutiert, die derzeit nur für grössere Neubauten bestehende Solarpflicht auf bestehende Gebäude zu erweitern. Die Zürcher Regierung will, dass bei Sanierungen von Dächern von 300 Quadratmetern und mehr PV-Module installiert werden müssen. Ab 2040 soll die Pflicht für alle grossen Dachflächen gelten. Einfamilienhäuser sind weiterhin ausgenommen. Der Zürcher Kantonsrat möchte die PV-Pflicht auch bei Fassaden einführen. Mehr dazu bei Tages-Anzeiger (paywall) und NZZ.
Neue Staudämme für die Wasserkraft?
Im Wallis sorgt der Ausbau der Wasserkraft für Diskussionen. 2022 hatten sich Politik, Energieunternehmen und einige Umweltverbände auf 15 Wasserkraftprojekte geeinigt, die in der Schweiz ausgebaut werden sollen. Diese wurden auch ins Stromgesetz aufgenommen, das im Juni 2024 angenommen wurde. Der Kompromiss am »runden Tisch» sah vor, dass keine weiteren Projekte vorangetrieben werden sollen.
Doch der Kanton Wallis will sich nicht daranhalten: Nicht weniger als neun zusätzliche Wasserkraftprojekte sollen in den kantonalen Richtplan aufgenommen werden. Das grösste davon - «Ober-aletsch gross» - sieht eine jährlich Stromproduktion von 765 Gigawattstunden vor, was dem Verbrauch von rund 150'000 Haushalten entspricht. Das Projekt liegt inmitten des Unesco-Welterbes Jungfrau-Aletsch. Die Umweltverbände WWF und Pro Natura kritisieren die Pläne. Der zuständige Walliser Kantonsrat begründet das Abweichen von der Vereinbarung so: «Es steht allen Kantonen frei, weitere Projekte zu prüfen und zu planen.» Über den neuen Richtplan wird der Bundesrat entscheiden. Mehr dazu im Tages-Anzeiger.
Nachdem kleinere Umweltverbände gegen einzelne der Projekte des «runden Tisch Wasserkraft» ihren Widerstand angekündigt haben, wollen bürgerliche Politiker:innen das Verbandsbeschwerderecht einschränken. So will die Mehrheit der Kommission für Umwelt, Raumplanung und Energie des Ständerates die Möglichkeit der Verbände zu Einsprachen bei den im Stromgesetz genehmigten Wasserkraftprojekten streichen. Im Bund kritisiert Landschaftsschützer Hans Weiss den geplanten Abbau. Statt das Beschwerderecht der Verbände zu streichen, regt der Wirtschaftsverband swisscleantech in der NZZ an, die Kapazitäten an den Gerichten auszubauen. So liessen sich Verfahren effektiv beschleunigen. Ebenfalls der NZZ ist ein kurzer Abriss über das Verbandsbeschwerderecht zu lesen.
Um die ökologischen Schäden von Wasserkraftwerken zu begrenzen, erhalten deren Betreiber rund 1 Milliarde Franken vom Bund. Vor zehn Jahren haben die Kantone 100 Kraftwerke bestimmt, die bis 2030 ökologisch saniert werden müssen. Ein Bericht zeigt nun auf, dass die Frist nicht eingehalten werden kann. Zudem kostet die Sanierung deutlich mehr. Es brauche «mehrere Milliarden Franken», um den ökologischen Schaden von Stauwerken zu mildern. Brisant ist: Der Bericht liegt seit mehreren Monaten vor, doch Bundesrat Albert Rösti hat verhindert, dass dieser vor der Abstimmung über die Biodiversitätsinitiative veröffentlicht wurde. Mehr dazu in der Aargauer Zeitung (paywall).
Bundesrat will Neubauverbot für AKWs kippen
Mit der Annahme der Energiestrategie 2050 hatte die Schweizer Bevölkerung 2017 auch dem Neubauverbot von AKWs zugestimmt. An diesen Volksentscheid will sich der Bundesrat nicht mehr halten. Er will den Bau neuer AKWs ermöglichen und hat dazu einen indirekten Gegenvorschlag zur Volksinitiative «Jederzeit Strom für alle (Blackout stoppen)» angekündigt. Dies soll auf Gesetzesstufe erfolgen (Kernenergiegesetz), eine Änderung der Bundesverfassung würde sich erübrigen. Der Bundesrat folgt mit seinem Entscheid Energieminister Albert Rösti, der bis zu seiner Wahl in den Bundesrat Mitglied des Energie-Clubs Schweiz war, der als offizieller Träger der Initiative auftritt, wie im Tages-Anzeiger zu lesen ist. Mehr dazu im Tages-Anzeiger und der NZZ.
Der Wirtschaftsverband Economiesuisse begrüsst den Kurswechsel des Bundesrats, ebenso die FDP und die SVP. Alle anderen Parteien kritisieren den Entscheid. Er sei aus der Zeit gefallen, wirtschaftlich unsinnig und stelle eine ideologische Zwängerei dar, fasst SRF die Kritik zusammen. Mitte-Präsident Gerhard Pfister hält das Vorgehen des Bundesrats für unredlich. Mit dem Gegenvorschlag bleibe eine Diskussion über die Finanzierung neuer AKWs ausgeklammert, kritisiert er im Tages-Anzeiger (paywall). Die Schweizerische Energie-Stiftung wirft dem Bundesrat vor, die sichere Energieversorgung und den raschen Ausstieg aus Öl und Gas zu sabotieren.
Die Schweizer Energieunternehmen äussern sich skeptisch zum Vorstoss des Bundesrats, denn neue AKWs rechnen sich nicht. Die NZZ listet die «gigantischen Hürden» für den Bau neuer AKWs auf. Bürgerlich Politiker:innen fordern bereits neue Subventionen für die Betreiber. Auch die Regeln zur Atommüll-Endlagerung sollen zugunsten der AKW-Betreiber gelockert werden. Mehr dazu im Tages-Anzeiger, der NZZ und der NZZ am Sonntag (paywall). Den AKW-Lobbyist:innen geht der Gegenvorschlag des Bundesrats allerdings zu wenig weit. Sie verlangen, dass zudem die Verfahren verkürzt werden, weiss der Tages-Anzeiger.
Die Mehrheit des Nationalrats will nichts davon wissen, das Neubauverbot zu streichen. Er hat in der Herbstsession eine ähnlich lautende, vor zwei Jahren eingereichte Motion des SVP-Politikers Thomas Burgherr abgelehnt. Laut einer repräsentativen Umfrage von Watson lehnt auch eine knappe Mehrheit der Stimmbevölkerung die Aufhebung des Verbots auf (51% sagen Nein oder eher Nein zum Vorstoss des Bundesrats). Zum gegenteiligen Ergebnis kam eine Umfrage von Tamedia und 20 Minuten (53% sagen Ja oder eher Ja).
Der Zeitplan des Bundesrats, das Neubauverbot aufzuheben, ist ehrgeizig. Noch dieses Jahr soll der Gegenvorschlag in die Vernehmlassung gehen, ab Sommer 2025 dürfte das Parlament darüber beraten. Inzwischen sind allerdings begründete Zweifel an der Rechtmässigkeit vieler der eingereichten Unterschriften aufgekommen. Die Initiant:innen hatten in grossem Ausmass Unterschriften bei Firmen eingekauft, von denen Tausende gefälscht sein sollen. Die Schweizerische Energie-Stiftung verlangt, dass der Gegenvorschlag des Bundesrats solange sistiert wird, bis geklärt ist, ob ausreichend gültige Unterschriften eingereicht worden seien. Der Bundesrat sieht jedoch keinen Grund dazu. Mehr dazu im Tages-Anzeiger (paywall) und in der NZZ.
Klimarelevante Entscheide von Bund und Kantonen
Die Schweiz hat die Ernährungsempfehlungen, die sogenannte Lebensmittelpyramide, angepasst. Das Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (BLV) und die Schweizerische Gesellschaft für Ernährung (SGE) haben dabei neben Aspekten einer gesunden und ausgewogenen Ernährung auch die Nachhaltigkeit der Produkte (Ressourcenknappheit und Auswirkungen aufs Klima) berücksichtigt. Neu werden pflanzliche Proteinlieferanten stärker betont. Hülsenfrüchte wie Linsen, Kichererbsen, rote, weisse Bohnen werden zuerst genannt, vor Eiern, Fleisch und anderen Proteinlieferanten. Fisch ist wegen Problemen der Überfischung in den Hintergrund getreten. Mehr dazu im Tages-Anzeiger.
In der Stadt Zürich sollen die Treibhausgase, die beim Verbrennen von Klärschlamm entstehen, in Zukunft abgeschieden und in der Nordsee versenkt werden. Die Stimmbevölkerung hat dafür einen Kredit von 35 Millionen Franken bewilligt. Mehr dazu in der NZZ.
Internationale Klimapolitik
USA: Demokraten werben für Erdgas, um Wähler zu gewinnen
Im November wählen die USA eine neue Präsident:in. Die Kandidat:innen vertreten sehr unterschiedliche Ansichten zum Klimawandel. Donald J. Trump verspottete die globale Erwärmung als «Schwindel». Der republikanische Vizepräsidentschaftskandidat JD Vance bezeichnete den Klimawandel als «seltsame Wissenschaft». Das ist nicht weiter verwunderlich. Was jedoch überrascht, ist die neue Kommunikationsstrategie der Demokraten.
Tim Walz, der Vizepräsidentschaftskandidat der Demokraten, betonte, der Klimawandel sei real, prahlte aber damit, dass die Öl- und Gasproduktion unter der Biden-Regierung Rekordhöhen erreicht habe. Die Vizepräsidentin Kamala Harris hatte während ihrer Debatte mit Herrn Trump ebenfalls betont: «Wir haben eine Billion Dollar in eine saubere Energiewirtschaft investiert und gleichzeitig die inländische Gasproduktion auf ein historisches Niveau gesteigert.»
Noch vor wenigen Monaten versuchte das Weisse Haus, die Tatsache zu verbergen, dass Präsident Biden, der einen Übergang weg von fossilen Brennstoffen gefordert hat, in Wirklichkeit den grössten Öl- und Gasboom in der Geschichte der Vereinigten Staaten beaufsichtigt hat. Laut der U.S. Energy Information Administration hat die Energieproduktion in Amerika ein Allzeithoch erreicht.
Nun sind die Demokraten offenbar zur politischen Einschätzung gelangt, dass sie die Stimmen der Umweltschützer:innen bereits auf sicher haben. Es sind die Unentschiedenen, um die sie sich Sorgen machen müssen. Viele von ihnen leben in Pennsylvania, einem für die Wahlen entscheidenden Bundesstaat, in dem Fracking weit verbreitet ist. Mehr in der NY Times (paywall).
Schädliche Subventionen im Wert von 2,6 Billionen USD
Die Welt gibt laut einem neuen Bericht der Organisation Earth Track jährlich mindestens 2,6 Billionen US-Dollar für Subventionen aus, die die Klima- und Biodiversitätskrisen vorantreiben. Regierungen gewähren weiterhin Steuererleichterungen, Subventionen und andere Ausgaben, die den Zielen des Pariser Klimaabkommens von 2015 und des Kunming-Montreal-Abkommens von 2022 zur Eindämmung des Verlusts der biologischen Vielfalt direkt zuwiderlaufen. Beispiele hierfür sind die staatliche Unterstützung grosser Fischereifahrzeuge, die die Überfischung vorantreiben, und staatliche Massnahmen, die die Produktion von Benzin, synthetischen Düngemitteln und Monokulturen fördern. Dem Bericht zufolge ist die jährliche Gesamtsumme der umweltschädlichen Subventionen seit der letzten Veröffentlichung von 2022 inflationsbereinigt um 500 Milliarden US-Dollar gestiegen. Der Anstieg ist auf die Folgen des Krieges in der Ukraine zurückzuführen. Mehr im Guardian.
Auch Japan investiert weiterhin stark in fossile Energien. Mehr bei Climate Change News und Japan Times. Über ein Drittel (35%) der Projekte in Japans Initiative «Asia Zero Emissions Community (AZEC)» in Südostasien konzentrieren sich auf Technologien für fossile Brennstoffe, wie eine aktuelle Studie von Zero Carbon Analytics zeigt.
Fossile Unternehmen lügen immer noch, werden aber vermehrt verklagt.
Die Explosion der Ölbohrplattform BP Deepwater Horizon im Golf von Mexiko im April 2010 verursachte eine der grössten Umweltkatastrophen der Geschichte. Mehr als 4 Millionen Barrel Öl flossen in den Ozean und verursachten enorme ökologische Schäden. Laut kürzlich veröffentlichten Dokumenten hat BP einen Grossteil der akademischen Forschung zu den Umweltauswirkungen der Katastrophe beaufsichtigt. Eine Untersuchung von Follow the Money zeigt, wie Studien die Auswirkungen der Ölpest auf die Meeresökosysteme herunterspielen und damit im Widerspruch zu Forschungsergebnissen stehen, die von US-Behörden in Auftrag gegeben wurden. Diese Enthüllungen lösen neue Bedenken hinsichtlich des wachsenden Einflusses von Unternehmen auf die Wissenschaft und potenzieller Interessenkonflikte aus. Mehr im Guardian und bei Follow the Money.
Doch fossile Brennstoffunternehmen sehen sich mit einer zunehmenden Anzahl von Klagen konfrontiert, wie eine neue Analyse von Oil Change International und Zero Carbon Analytics zeigt. Die Zahl der jährlich weltweit eingereichten Klagen hat sich seit 2015 – dem Jahr, in dem das Pariser Klimaabkommen der Vereinten Nationen unterzeichnet wurde – fast verdreifacht. 86 Klagen wurden eingereicht und 40 sind derzeit anhängig. Die Klagen wurden von Städten, Bundesstaaten und anderen Regierungsorganisationen sowie von Umweltgruppen, indigenen Gruppen und Einzelpersonen eingereicht. 50 wurden bei US-Gerichten eingereicht, 24 in europäischen Ländern, fünf in Australien und vier in Nigeria.
Den grössten Zuwachs bei den Rechtsstreitigkeiten gab es bei Klagen auf Entschädigung für Klimaschäden, die 38% der Fälle ausmachen. Dabei hilft die Attributionswissenschaft. Sie ermöglicht es Wissenschaftler:innen, den Einfluss des Klimawandels auf bestimmte extreme Wetterereignisse zu berechnen und auch die Klimaauswirkungen zu quantifizieren, die auf die Emissionen bestimmter Unternehmen für fossile Brennstoffe zurückzuführen sind. Bisher wurde noch kein Unternehmen für fossile Brennstoffe zur Zahlung von Klimaschäden gezwungen, aber die potenziellen Haftungen sind enorm. Mehr bei Climate Analytics.
Der Fall von Klimaschäden, der am weitesten fortgeschritten ist, wurde 2015 von einem peruanischen Landwirt gegen den deutschen Energieriesen RWE vorgebracht,. RWE wird beschuldigt, zu den Klimaauswirkungen beizutragen, welche die Heimat des Bauern in den Anden bedrohe. In einem beispiellosen Schritt besuchten 2022 deutsche Richter Peru, um die Höhe des von RWE verursachten Schadens zu ermitteln. Auch die Zahl der Klagen wegen irreführender Werbung nimmt zu. Solche Klagen machen heute 16% aller Klimaklagen aus. Mehr im Guardian.
Ermutigend ist auch, dass der ehemalige UN-Generalsekretär Ban Ki-Moon die Regierungen dazu aufrief, einen Vertrag über die Nichtverbreitung fossiler Brennstoffe auszuhandeln. Seine Führungsrolle war in den letzten zwei Jahrzehnten entscheidend für die Umsetzung anderer wichtiger Vertragsentwürfe.
In Asien wird Laborfleisch intensiv gefördert
Weltweit werden jedes Jahr 80 Milliarden Tiere für die Fleischproduktion geschlachtet. Ihre Aufzucht nimmt den Grossteil der landwirtschaftlichen Nutzfläche der Welt in Anspruch. Sie hat zu Zoonosen und einer enormen Entwaldung geführt. Sie hat Luft und Wasser verschmutzt und Treibhausgase in die Atmosphäre ausgestossen. NY Times (paywall).
Die Fleischproduktion ist ineffizient: Die Fütterung von bis zu 100 Kalorien Getreide an eine Kuh produziert nur eine Kalorie Rindfleisch. Drei Viertel der gesamten landwirtschaftlichen Nutzfläche – eine Fläche doppelt so gross wie China und Indien zusammen – werden für den Anbau von Futtermitteln oder für die Weidehaltung genutzt. Das treibt die Entwaldung voran und bedroht Wasserressourcen. Tierische Lebensmittel sind für ein Fünftel der weltweiten Treibhausgasemissionen verantwortlich und setzen mehr Methan frei als die Öl- und Gasproduktion. Die Afrikanische Schweinepest und Auswirkungen der Klimakrise haben die globale Fleischversorgung instabil gemacht. Bei Carbon Brief ist ein Artikel zu lesen, wie der Klimawandel die Lebensmittelpreise weltweit in die Höhe treibt.
Unser heutiges Nahrungsmittelsystem ist auf Kollisionskurs mit den planetarischen Grenzen. Die Fleischproduktion wird bis 2050 voraussichtlich um mehr als 50% gegenüber 2012 steigen, angetrieben durch eine wachsende Weltbevölkerung und den wachsenden Fleischkonsum. Daher wollen China und andere asiatische Länder die Entwicklung von Laborfleisch intensiv fördern, durch öffentliche Investitionen und wissenschaftliche Zusammenarbeit.
Bei der Herstellung von Laborfleisch wird tierisches Protein gezüchtet, ohne dass ein lebendes Tier benötigt wird. Lebenszyklusanalysen zeigen, dass Treibhausgasemissionen, der Verbrauch von Wasser und landwirtschaftlichen Flächen zum Teil über 90% reduziert werden könnten. Bis 2050 könnte der Sektor für alternative Proteine ein jährliches Wirtschaftswachstum von etwa 700 Milliarden US-Dollar generieren. Aber wohin diese Gewinne fliessen werden, ist noch offen. Ein Bericht der US-amerikanischen National Security Commission on Emerging Biotechnology kommt zu dem Schluss, dass China aufgrund seiner beträchtlichen Investitionen in Forschung und Entwicklung sowie seiner Produktionskapazitäten in bestehenden Lebensmittelsektoren gut positioniert ist, um von einer solchen landwirtschaftlichen Revolution zu profitieren. Mehr dazu bei Nature.
In den USA argumentierte das US-amerikanische Center for Strategic and International Studies in einem bahnbrechenden Bericht, dass die Regierung alternative Proteine als eine entscheidende nationale Industrie priorisieren sollte, wie Pharmazeutika, erneuerbare Energien und KI. Doch in westlichen Ländern betreibt die Fleischindustrie intensive und erfolgreiche Lobbyarbeit, um Alternativen zu unterbinden, erklärt George Monbiot in einem Blog.
Australien genehmigt drei riesige neue Kohleminen
Australien hat drei riesige neue Kohleminen genehmigt. Die Labor-Regierung unter Anthony Albanese behauptet zwar, sie würde die Genehmigungen für fossile Energien zurückfahren und die Entwicklung neuer erneuerbarer Energien vorantreiben. Aber die Zahlen zeigen etwas anderes. Unter der Mitte-links-Regierung werden wahrscheinlich mehr fossilen Energieträger exportiert als je in der Geschichte Australiens. Und die erneuerbaren Energien wachsen nicht annähernd so schnell, wie es nötig wäre, um die nationalen Klimaziele zu erreichen. Mehr dazu im Blog von Ketan Joshi.
Viel Geld für Atomkraft – auch für KI
Die Atomenergie erhält von den 14 grössten Banken und Finanzinstitute der Welt einen grossen Schub, denn sie wollen eine Verdreifachung der globalen Atomkraftkapazität bis 2050 finanziell unterstützen. Einige Finanzinstitute, darunter die Weltbank, haben sich bisher gescheut, in die Atomenergie zu investieren. Nun machen sich aber Grossbanken wie die Bank of America, Barclays und BNP Paribas dafür stark. Die Zusage kam nur wenige Tage, nachdem ein US-Energieversorger angekündigt hatte, einen Teil des Atomkraftwerks Three Mile Island wieder in Betrieb zu nehmen, um CO2-armen Strom für Microsoft-Rechenzentren zu erzeugen. Im Kraftwerk kam es 1979 zu einer teilweisen Kernschmelze, der grössten Atomkatastrophe in der Geschichte der USA. Google hat indessen sechs oder sieben neue kleine Kernreaktoren bestellt, um seinen enormen Energiebedarf für künstliche Intelligenz (KI) zu decken. «Wir sind der Meinung, dass die Kernenergie eine wichtige Rolle dabei spielen kann, unseren Bedarf zu decken, und uns dabei hilft, unseren Bedarf sauber und rund um die Uhr zu decken», sagt Michael Terrell, Senior Director of Energy and Climate bei Google. Mehr dazu in der Financial Times (paywall) hier, hier und hier.
Microsoft verursacht aufgrund des enormen Energieverbrauchs seiner Rechenzentren heute etwa 30% mehr Emissionen als im Jahr 2020. Das zeigt sich auch bei Google. Die Treibhausgasemissionen von Google sind seit 2019 um 48% gestiegen. Mehr bei Infosperber.ch, SRF und dem Tages Anzeiger (paywall).
Europäische Klimapolitik
UK schaltet letzte Kohlemeiler ab
Die Energie aus der Kohleverbrennung feuerte die weltweite Industrialisierung an, die im Vereinigten Königreich bekanntermassen ihre Anfänge nahm. Im Geburtsort der Kohlenutzung wurde Anfang Oktober nach über 140 Jahren das letzte Kohlekraftwerk abgeschaltet. Damit geht der Inselstaat einen bedeutenden Schritt in Richtung Phase-out fossiler Energieträger, die einst das Wirtschaftssystem und die dazu gehörige Energieproduktion massgeblich prägten. Denn noch vor ca. 100 Jahren wurde fast der gesamte Strom im Vereinigten Königreich durch die Verbrennung von Kohle produziert, bevor schrittweise erst Öl und Atomkraft, seit den 1990er Jahren vor allem Erdgas und zuletzt vermehrt erneuerbare Energien wie Wind- und Sonnenkraft diesen Job übernahmen. Bis 2035 soll der gesamte Strommix CO2-frei sein. Neben den Erneuerbaren soll aber auch die Atomkraft weiterhin einen wichtigen Beitrag zur Stromproduktion liefern. Damit gehen neue Herausforderungen wie die Flexibilisierung des Stromsystems einher. Mehr dazu bei der BBC, ZDF sowie Tagesschau.
Den Haag verbietet fossile Werbung
Als erste Stadt der Welt darf ab 2025 in Den Haag nicht mehr öffentlich für fossile Brennstoffe sowie klimaschädliche Dienstleistungen geworben werden, berichten etwa der Guardian und Bloomberg. Damit folgt die Stadt einen Aufruf des UN-Generalsekretärs Guterres, der in fossilen Unternehmen die «godfathers of climate chaos» sieht. Den Haag möchte bis 2030 klimaneutral sein. Fossile Werbung zu schalten, würde diesem Ziel widersprechen, so Stadtratsmitglied Leonie Gerritsen. Ausgenommen sind politische Werbungen oder das Werben bestimmter Marken. Städte wie Edinburgh, Toronto oder Graz verfolgen derzeit ähnliche Ansätze. Den Haag, das nicht nur das administrative Zentrum der Niederlande, sondern auch Sitz internationaler Institutionen wie dem Internationalen Strafgerichtshof ist, könne als Vorbild und Inspiration für weitere Städte weltweit dienen.
Gerichtsverfahren in Portugal
Der Oberste Gerichtshof in Portugal entschied zugunsten der vier Umweltverbände und gegen die Regierung. Das Gericht gab den Klagen der Organisationen statt, die argumentierten, dass die Regierung seit der Verabschiedung des Klimaschutzgesetzes im Jahr 2021 mehrere Fristen zur Reduzierung von Treibhausgasemissionen und anderen Klimaschutzmassnahmen nicht eingehalten hat.
Mehr Klimaschutz und Biodiversität in der Landwirtschaft
Eine neu veröffentliche Studie des Think Tanks Agora Agriculture zeigt auf, dass durch gezielte Massnahmen im Landnutzungssektor (Land- und Forstwirtschaft) ein entscheidender Beitrag geleistet werden kann, um die Klima- und Biodiversitätskrise zu reduzieren und gleichzeitig einen Mehrwert für die Bioökonomie leisten kann. Die Studie verfolge dabei einen integrativen analytischen Versuch, die Lücke in Klimaszenarien zu schliessen, indem sie ein Szenario des Sektors als Teil des Ernährungssystems und der Bioökonomie in einer bis Mitte des Jahrhunderts klimaneutralen EU präsentiert. Dabei betonen die Autor:innen vier zentrale Ergebnisse:
- Land- und Forstwirtschaft können ihren Beitrag zur Erreichung der Klimaneutralität, zum Schutz der biologischen Vielfalt, zur menschlichen Gesundheit und zu anderen gesellschaftlichen Nachhaltigkeitszielen erheblich steigern.
- Bis zur Mitte des Jahrhunderts können die Landwirtschaft und die landwirtschaftlichen Moorgebiete in der EU ihre Treibhausgasemissionen um 60 Prozent senken - in scharfem Gegensatz zu ihren seit jeher stagnierenden Emissionen.
- Eine effiziente Flächennutzung und eine nachhaltigere Nachfrage nach Lebensmitteln, Futtermitteln und anderer Biomasse sind die wichtigsten Hebel, um diese Nachhaltigkeitspotenziale zu realisieren.
- Die EU-Legislaturperiode 2024-2029 ist von entscheidender Bedeutung, da sie die Möglichkeit bietet, ein günstiges politisches Umfeld zu schaffen.
Deutschland
49-Euro-Ticket senkt CO2-Ausstoss
Menschen mit Deutschlandticket fahren seltener Auto. Das Deutschlandticket hat laut einer Analyse von Ariadne den CO2-Ausstoss im Autoverkehr um etwa 6,7 Millionen Tonnen gesenkt. Das entspricht einer Reduktion der gesamten Emissionen im Verkehrssektor von 4,7%.
Zugfahrten nahmen nach der Einführung des Deutschlandtickets laut der Studie deutlich zu: Die Zahl der Fahrten über 30 Kilometer stieg um 30,4%, während die Zahl der mit dem Auto gefahrenen Kilometer um 7,6% sank. Der Anteil der Zugfahrten an allen mehr als 30 Kilometer langen Strecken nahm von rund 10% auf 12% zu. Menschen seien durch das Deutschlandticket nicht grundsätzlich mehr unterwegs gewesen – sie hätten aber eben andere Transportmittel für die zurückgelegten Wege gewählt.
Mitte September teilten die Verkehrsminister:innen des Bundes und der Bundesländer mit, dass das Deutschlandticket ab 2025 neun Euro mehr als bisher, also 58 Euro im Monat kosten soll. Die Preiserhöhung im kommenden Jahr wird den Effekt jedoch schmälern. Laut der Studie wäre der Rückgang der CO2-Emissionen im Autoverkehr dann nur noch 3,6 Millionen Tonnen CO2, statt wie bisher bei 6,7 Millionen Tonnen.
Im gesamten Verkehrssektor in Deutschland wurden im Jahr 2023 rund 146 Millionen Tonnen Treibhausgase ausgestossen. Das ist gut ein Fünftel aller bundesweiten Emissionen. In den vergangenen Jahren hat der Sektor die nationalen und europäischen Klimaziele weit überschritten. Mehr bei der TAZ.
Deutscher Wald ist kein Klimaschützer mehr
Inzwischen stossen die deutschen Wälder mehr Treibhausgase aus, als sie durch ihre Funktion als Kohlenstoffsenken aufnehmen können. Hauptursachen hierfür seien die Folgen der Klimakrise, so Bundeslandwirtschaftsminister Özdemir bei der Vorstellung der Ergebnisse der vierten «Bundeswaldinventur» (BWI). Zu den Auswirkungen zählen unter anderem Dürren, die Ausbreitung von Schädlingen wie dem Borkenkäfer sowie die fortlaufende Entnahme von Bäumen. Die Bundeswaldinventur ist ein zentrales Instrument zur Erfassung und Analyse des Zustands und der Entwicklung der deutschen Wälder. Durch diese dramatischen Veränderungen verliert der Wald seine bedeutende Rolle im Kampf gegen die Klimakrise, für die er über Jahrzehnte hinweg geschätzt wurde. Seit 2017 seien etwa 41,5 Millionen Tonnen an Kohlenstoffspeicherleistung verloren gegangen, was auch die wirtschaftliche Grundlage vieler Forstbetriebe gefährde. Der WWF Deutschland fordert, alte Laubwälder nur noch minimal zu bewirtschaften, die Förderung der Holzverbrennung in Kraftwerken zu beenden und stattdessen eine Kreislaufwirtschaft in der Holzwirtschaft zu etablieren.
In diesem Zusammenhang erneuerte der WWF seine Forderung nach einer Reform des Bundeswaldgesetzes. Diese ist zwar im Koalitionsvertrag der Bundesregierung verankert, stösst jedoch nach einem geleakten Entwurf auf erheblichen Widerstand aus Politik und Wirtschaft. Einen Überblick über die verschiedenen Interessenslagen sowie zur Reform des Gesetzes bietet der Deutschlandfunk Hintergrund in einem Podcast. Die BWI bestätigt allerdings auch, dass der Umbau des Waldes vorangehe und etwa Laubbäume zuwachsen.
Landtagswahlen setzen Klimaschutz aufs Spiel
Sachsen, Thüringen und Brandenburg haben in den vergangenen Wochen neue Landesparlamente gewählt. In allen drei Bundesländern hat die rechtsextreme AfD Rekordwerte erhalten. In Brandenburg erreichte sie knapp hinter die SPD und in Sachsen knapp hinter die CDU den zweiten Platz. In Thüringen wurde sie sogar mit deutlichem Abstand Wahlsiegerin und wird ein Drittel der Sitze im Landtag erhalten. Damit hat sie die sogenannte Sperrminorität inne und kann Gesetzesverfahren, die eine Zwei-Drittel-Mehrheit benötigen (etwa bei Verfassungsänderungen oder Richterwahl) blockieren. Auch das populistische «Bündnis Sahra Wagenknecht» (BSW), das sich Anfang des Jahres nach Abspaltung Wagenknechtes von der Partei die Linken gründete und als überaus russlandfreundlich gesehen wird, konnte aus dem Stand beachtliche Erfolge erzielen.
Der BUND Sachsen bezeichnet die Ergebnisse der Umwelt- und Klimaschutzmassnahmen im Zusammenhang mit der dortigen Wahl als ernüchternd. Der Umweltverband resümiert, dass in Sachsen nun die Hälfte der gewählten Abgeordneten Parteien zugehörig sein, die «verstärkt auf fossile Brennstoffe setzen wollen, am besten aus Russland», so Prof. Dr. Dr. Felix Ekardt vom BUND Sachsen. Es bestehe eine «ernsthafte Gefahr, dass gerade der notwendige Ausbau erneuerbarer Energien und der Klimaschutz ins Hintertreffen geraten.» Eine Übersicht über die Bedeutung der Wahlerfolge der Populisten und Rechtsextremisten in Thüringen und Sachsen fasst Elena Matera (RiffReporter) in einer Kolumne zusammen.
Zukunftskongress der Grünen
Beim Zukunftskongress der Grünen sprach die Co-Fraktionsvorsitzende Katharina Dröge vor etwa 1000 Vertreter:innen aus Politik, Wirtschaft und Zivilgesellschaft. Sie betonte: «Es gibt kein dringenderes Thema als die Klimakrise.» Damit scheint eines der zentralen Themen für den Bundestagswahlkampf im September 2025 festzustehen. Auf dem Kongress wurden unter anderem Vorschläge wie ein Investitionsfonds für öffentliche Infrastruktur von Bund, Ländern und Kommunen sowie die Stärkung des Aktionsprogramms Natürlicher Klimaschutz diskutiert, wie Tagesspiegel Background berichtet (paywall). In dem neu aufgesetzten Fonds sollen etwa die Wasserstoffinfrastruktur, Digitalisierung der Verwaltung sowie die Bahninfrastruktur gefördert werden.
Der Kongress fand wenige Tage nach der Ankündigung statt, dass die gesamte Parteispitze beim Parteitag im November nicht erneut kandidieren und somit zurücktreten wird. Als mögliche Nachfolger:innen der Co-Parteivorsitzenden Ricarda Lang und Omid Nouripour gelten die Parlamentarische Staatssekretärin im BMWK, Franziska Brantner, sowie der Bundestagsabgeordnete und ehemalige Landesvorsitzender der Grünen Nordrhein-Westfalen, Felix Banaszak. Tagesschau und Deutschlandfunk berichten hierzu weitere Details. Für die Nachfolge von Michael Kellner als Bundesgeschäftsführer kandidiert Staatssekretär Sven Giegold, der viele Jahre für die Grünen im Europäischen Parlament tätig war (Frankfurter Rundschau).
Die sichtbare Klimakrise
Steigende Hitze und wie Schulkinder darunter leiden
Die Erde heizt sich weiter auf. Laut dem Copernicus-Klimawandeldienst der EU war der Sommer 2024 der heisseste seit Beginn der Aufzeichnungen. Von Juli 2023 bis August 2024 lag die weltweite Temperatur an 13 von 14 Monaten um 1,5 Grad über dem vorindustriellen Wert. Mehr dazu in der NY Times (paywall) und der NZZ.
Über die möglichen Gründe für die markante Erwärmung rätseln Forschende schon länger. Gavin Schmidt, Klimawissenschaftler der NASA, fasst den Wissensstand im Onlinemagazin E360 zusammen. Denkbar sind unter anderem Veränderungen im Sonnenzyklus, der Ausbruch eines Unterwasservulkans und neue Vorschriften für die Umweltverschmutzung durch die Schifffahrt. Doch keiner dieser Faktoren, nicht einmal eine Kombination, scheint als Erklärung ausreichend. «Die Dinge verhalten sich unberechenbarer als wir erwartet haben, und das bedeutet, dass auch die Vorhersagen für die Zukunft nicht so gut ausfallen könnten.» Carbon Brief liefert ebenfalls eine Übersicht über die Auslöser der Hitze.
Wie weitreichend die Auswirkungen des Klimawandels auf die weltweite Bildung von Kindern sind, hat Carbon Brief untersucht. Aufgrund der Hitzewellen waren dieses Jahr Millionen von Kindern von Schulschliessungen betroffen, vor allem im Südsudan, in Indien, Bangladesch und auf den Philippinen. Eine Studie der Weltbank zeigt, dass die Hitze zu schlechteren Lernergebnissen führt. Sie hat eine direkte Auswirkung auf die körperliche und kognitive Entwicklung junger Menschen.
Verwüstungen auf vier Kontinenten
Wie die Klimakrise die Wahrscheinlichkeit von Unwettern und die damit verbundenen Gefahren erhöht, haben Extremereignisse in den letzten Wochen rund um den Globus vor Augen geführt. Übersichten dazu in der Republik und in der NY Times (paywall).
Wirbelstürme: In Südostasien starben Hunderte von Menschen im Sturm Yagi, der von Philippinen und Thailand nach Vietnam, Laos und Burma zog.
Nur wenige Tage nacheinander haben zwei Wirbelstürme – Helene und Milton - Teile der USA verwüstet. Sturm Helene tobte von Florida bis Virginia und forderte über 200 Menschenleben. Zuvor waren an der Meeresoberflächen im Golf von Mexiko rekordhohe Temperaturen gemessen worden. Der Klimawandel hat diese Erwärmung um den Faktor 200 bis 500 wahrscheinlicher gemacht (Quelle Guardian). Laut einer Attribution-Studie sind die Niederschläge um 10% heftiger worden. Insgesamt hat die Verbrennung fossiler Brennstoffe dazu geführt, dass Stürme wie Helene zweieinhalb Mal wahrscheinlicher sind als im vorindustriellen Zeitalter.
Hurrikan Milton hatte sich in nur zwölf Stunden von einem Sturm der Kategorie 1 zu Kategorie 5 entwickelt, der höchsten überhaupt. Dabei spielte der Klimawandel eine zentrale Rolle, wie im Atlantic zu lesen ist. Dank der hohen Meerestemperatur gewann der Sturm sehr viel Energie. Diese Energie führt zu höheren Windgeschwindigkeiten. Milton nahm gleichzeitig mehr Feuchtigkeit aus der sehr feuchten, aufgewärmten Atmosphäre (pro Grad Celsius Temperaturanstieg kann Luft 7% mehr Wasserdampf aufnehmen). Weil sich der Sturm noch über dem Golf von Mexiko wieder abschwächte, fielen die Schäden geringer aus als befürchtet. Mehr dazu im Tages-Anzeiger.
Werden Hurrikane häufiger? Nein, doch ihre Intensität nimmt zu und gleichzeitig steigt die Menge der Niederschläge. Zusammen führt dies zu deutlich grösseren Gefahren, ist im Tages-Anzeiger und im Linkedin-Beitrag von Klimawissenschafter Reto Knutti nachzulesen.
Hochwasser in Europa: In Polen, Tschechien, Ungarn und Österreich wurden die stärksten Niederschläge seit Messbeginn registriert. Über 20 Menschen kamen ums Leben. Der Klimawandel hat ein solches Extremereignis doppelt so wahrscheinlich gemacht, schreibt die Süddeutsche Zeitung und stützt sich dabei auf eine Studie des Forschungsteams World Weather Attribution.
Die Überschwemmungen seien keine Anomalie, sagte Janez Lenarčič, EU-Kommissar für Krisenmanagement. «Dies wird für unsere gemeinsame Zukunft schnell zur Norm. Europa sei der Kontinent, der sich weltweit am schnellsten erwärme (Quelle Guardian). Mehr zu den Unwettern in Europa bei ORF, der NY Times (paywall) und Klimareporter.
Mitte Oktober führte extremer Regen im Südosten von Frankreich zu grossen Schäden. In einigen Orten fiel in 48 Stunden so viel Regen wie sonst in einem Jahr. Mehr dazu bei SRF und Tages-Anzeiger.
Hochwasser in Afrika: Deutlich mehr Menschenleben forderten Überschwemmungen in Westafrika. Die Zahl der Opfer wird auf über tausend geschätzt, über 6 Millionen Menschen sind betroffen. Besonders gravierend ist die Situation in Tschad und Nigeria, wo ein Damm nach heftigen Regenfällen brach. Obwohl Afrika weniger als 4% der weltweiten CO2-Emissionen verursacht, ist der Kontinent überdurchschnittlich von Extremereignissen betroffen. Mehr dazu bei der Hilfsorganisation OCHA, Reuters und in der NZZ.
Waldbrände: Wälder absorbieren fast kein CO2 mehr
Dieses und letztes Jahr wüteten in vielen Regionen der Welt katastrophale Waldbrände.
Kanada
Im letzten Jahr brannte in Kanada eine Fläche von 150’000 Quadratkilometern ab – das Siebenfache des historischen Durchschnitts und etwa 4% der Waldfläche Kanadas. 230’000 Menschen mussten evakuiert werden, Millionen Nordamerikaner:innen litten unter der Luftverschmutzung. Zeitweise verhüllten die Rauchschwaden die Tausende Kilometer entfernte Metropole New York.
Eine Studie in Nature untersuchte, warum Kanadas Wälder 2023 so stark brannten: Überdurchschnittlich hohe Temperaturen, eine sehr frühe Schneeschmelze und zu wenig Niederschläge, die alle durch den Klimawandel verursacht wurden, führten zu den verheerenden Waldbränden in Kanada. Die Brände im Westen wurden durch jahrelange Dürre verschlimmert, während Ostkanada eine plötzliche «Blitzdürre»“ erlebte.
In Südamerika brennt’s wie nie zuvor
Riesige Landstriche sind in Ecuador, Paraguay, Peru, Brasilien und anderen Ländern durch grösstenteils von Menschen verursachte Feuer verbrannt. Mehr im Guardian. Im Amazonas gab es von Januar bis Juli 2024 43% mehr Brandherde als im Jahr zuvor. Es wurden über 20’000 Brandherde registriert, die höchste Zahl in diesem Zeitraum seit 2005. Mehr bei Rainforest Foundation US, Reuters.
Der Klimawandel hat die Wahrscheinlichkeit der gigantischen Waldbrände, die sich im Juni 2024 über die Feuchtgebiete des Pantanal in Brasilien ausbreiteten, laut einer neuen Studie vier- bis fünfmal erhöht.
Wälder verursachen gewaltige Mengen an CO2
Kanadas Waldbrände zählen zu weltgrössten CO₂‑Quellen, wie eine Nature erschienene Studie zeigt. In nur fünf Monaten verursachten die Waldbrände viermal so viel Treibhausgasemissionen wie Kanada über ein ganzes Jahr durch die Verbrennung von Kohle, Öl und Gas – eine Menge vergleichbar mit den fossilen Emissionen Indiens. Mehr bei Klimareporter.de
Eine neue Studie zeigt, dass die Wälder und Böden der Erde im vergangenen Jahr deutlich weniger CO2 aufgenommen haben als üblich. Bisher nahmen die Vegetation und die Meere je ein Viertel unseres CO₂-Ausstosses auf und dämpften so die Erwärmung. Wegen der kanadischen Waldbrände und Dürren im Amazonas nahmen Vegetation und Böden letztes Jahr unter dem Strich fast kein CO₂ auf. Damit würde entgegen dem aktuell besten wissenschaftlichen Verständnis nicht mehr reichen, die CO₂-Emissionen auf netto null zu senken, um den globalen Temperaturanstieg zu stoppen. Damit würde die CO₂-Entfernung wichtiger werden.
Die Autor:innen vermuten, dass die bereits verursachte Erwärmung eine Rückkopplungsschleife erzeugen könnte, in der erhöhte Temperaturen und Trockenheit die CO2-Aufnahme von Wäldern und anderen Senken zunehmend schwächt.
Waldbrände, Schädlinge und Stürme werden als «nicht direkt vom Menschen verursachte» Emissionen definiert und sind daher auch nicht in nationalen Treibhausgasinventaren aufgeführt. So werden globalen Emissionen deutlich unterschätzt. Eigentlich müssten diese Emissionen angerechnet werden, da Brandstiftung, schlechte Waldbewirtschaftung und der Klimawandel direkt vom Menschen gemacht sind.
Wir wissen, dass Wälder für unser Überleben und auch für die Bekämpfung des Klimawandels lebenswichtig sind. Sie absorbieren CO2, speichern Feuchtigkeit und sorgen für Kühlung. Aber wie genau Wälder mit dem Klima interagieren, ist komplex. Eine neue Studie in Nature zeigt: Bäume beherbergen in ihrer Rinde Mikroben, die Methan aus der Luft entfernen. Dies erhöht den Klimanutzen von Bäumen um durchschnittlich 10%. All diese neuen Studien bestärken einmal mehr, dass der Schutz von Wäldern eine der wichtigsten Massnahmen für den Klimaschutz ist.
Hinweis dazu von Cyrill Brunner via LinkedIn: Die oben beschriebenen natürlichen CO₂-Senken und die CO₂-Entfernung sind nicht das Gleiche. Für Netto-Null darf nur Letzteres angerechnet werden. Natürliche CO₂-Senken nehmen ohne menschliches Zutun CO₂ aus der Atmosphäre auf, z. B. ein natürlicher Wald, Graslandschaften oder Ozeane. CO2-Entfernung sind menschliche Handlungen, um CO₂ aus der Atmosphäre zu entfernen und dauerhaft zu speichern, z. B. Aufforstung, Humusaufbau, Pflanzenkohle oder Bioenergie mit CCS aus nachhaltig angebauter Biomasse, beschleunigte Verwitterung, direkte Entfernung aus der Luft und Speicherung.
Neues aus der Klimawissenschaft
Erde überschreitet sichere Grenzen
Die Erde befindet sich bereits ausserhalb des sicheren Handlungsraums für die Menschheit, und der Zustand der lebenserhaltenden Erdsysteme und -prozesse verschlechtert sich rapide. Das zeigt der neue Planetary Health Check Report 2024, der unter der Leitung des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung (PIK) von der Initiative «Planetary Boundaries Science» erstellt wurde.
Die Grenzen umreissen einen sicheren Handlungsraum, in dem die Menschheit gedeihen kann, während der Planet stabil und widerstandsfähig bleibt. Sechs Grenzen sind bereits überschritten (siehe Grafik), wodurch die Stabilität der Systeme der Erde gefährdet wird. Die siebte Grenze, die Versauerung der Ozeane, werden wir wohl auch bald überschreiten. Mit zunehmenden CO2-Emissionen löst sich mehr davon im Meerwasser, wodurch die Ozeane saurer werden. Selbst bei einer raschen Reduzierung der Emissionen setzt sich die Versauerung aufgrund des bereits ausgestossenen CO2 weiter fort. Daher scheint eine Überschreitung der Grenze zur Versauerung der Ozeane in den kommenden Jahren unvermeidlich zu sein.
Der Bericht macht deutlich, dass wir die neun Grenzen nicht isoliert betrachten können – sie sind eng miteinander verbunden. Die Versauerung der Ozeane beispielsweise beeinflusst den Klimawandel und wird ihrerseits vom Klimawandel beeinflusst und hat erhebliche Folgen für die Integrität der Biosphäre (da sie zum Zusammenbruch von Nahrungsnetzen führt). Menschliche Aktivitäten treiben diese negative Entwicklung weiter voran und bringen das Erdsystem an den Rand der Instabilität.
Der Planetary Health Check soll künftig jährlich erscheinen, mit dem Ziel, Lösungen zu finden, um unsere Lebensgrundlagen besser zu schützen. Mehr bei PlanetaryHealthCheck.org, Phys.org und PIK.
Neue IEA- und IRENA-Berichte zu Erneuerbaren Energien
Der jüngste World Energy Outlook 2024 der IEA zeigt, dass die Solarenergie die Kernenergie, Windenergie, Wasserkraft, Gas und schliesslich auch die Kohle überholen und bis 2033 zur weltweit grössten Einzelquelle für Elektrizität wird. Dieser Solarboom wird dazu beitragen, das «Zeitalter der Elektrizität» einzuläuten und fossile Brennstoffe in den Hintergrund zu drängen, so die Agentur. Bis 2030 ist die Welt auf dem besten Weg, so viel neue erneuerbare Stromkapazitäten hinzuzufügen wie derzeit China, die EU, Indien und die USA zusammen verfügen. Infolgedessen werden die CO2-Emissionen der Welt bald einen Scheitelpunkt erreichen, wahrscheinlich schon 2025.
IRENA hat einen umfassenden Bericht über die Kosten von erneuerbarem Strom über die gesamte Lebensdauer veröffentlicht. Weil sie am günstigsten sind, machten Solar- und Windenergie 2023 mit 95% den grössten Anteil der neu installierten Stromkapazität aus. Auch bei der neuen Speicherkapazität sind drastische Kostensenkungen zu verzeichnen.
Trotz diesen positiven Veränderungen ist die Welt auf dem Weg, die CO2-Emissionen bis 2030 nur 4% unter das Niveau von 2023 zu senken, was zu einer Erwärmung von 2,4 °C über den vorindustriellen Temperaturen führen wird.
Welche Politikinstrumente schaffen positive Kipppunkte?
Ökonom:innen und Umweltwissenschaftler:innen untersuchten anhand von Daten aus 70 Ländern, welche Politikinstrumente die Dekarbonisierung am besten fördern können. In ihrer Studie betonen sie, dass Regulierung am effektivsten sind, um «positive Kipppunkte» auszulösen. Sobald bestimmte Industriesektoren zur Dekarbonisierung verpflichtet werden, setze ein Kaskadeneffekt ein: Die verstärkte Nutzung von erneuerbarem Strom oder Energiespeicherung in einem Sektor treibt Innovationen voran und senkt die Kosten dieser Technologien, was schnellere Veränderungen in anderen Sektoren ermöglicht. Die Autor:innen betonen also, dass Regulierungen besser funktionieren als Steuern oder Subventionen. Mehr im Guardian.
Eine andere Studie in Science betont die Wichtigkeit solcher Preisinstrumente. Die Forscher:innen bewerteten 1500 Klimamassnahmen, die in den letzten 25 Jahren umgesetzt wurden, und identifizierten die 63 erfolgreichsten. Entscheidend für gut gestaltete Politikmixe sei, dass Steuer- und Preisanreize einbezogen werden. In Schweden konnte z.B. im Gebäudesektor eine Kombination aus CO2-Bespreisung und Förderprogrammen für Sanierungen die Emissionen erfolgreich senken. Beide Studien sind sich einig, dass es eine gute Kombination von Politikinstrumenten braucht. So war beispielsweise die Stilllegung von Kohlekraftwerken im Vereinigten Königreich erfolgreich, weil sie mit einem CO2-Mindestpreis einherging, während in Norwegen das Verbot von Fahrzeugen mit Verbrennungsmotor am wirksamsten war, wenn es mit Subventionen kombiniert wurde, die Elektroautos billiger machte. Mehr bei klimareporter.de.
Eine weitere Studie zeigt, wenn Fahrzeuge mit hohem Schadstoffausstoss aus den Städten verbannt werden, gehen Kinder häufiger mit dem Fahrrad oder zu Fuss zur Schule. 2019 führte London eine «Ultra Low Emission Zone» im Stadtzentrum ein. Nach Inkrafttreten der Beschränkungen änderten zwei von fünf Kindern ihre Art, zur Schule zu kommen. Die Zone wurde inzwischen auf die gesamte Stadt ausgedehnt. Mehr bei Grist.
Aktiv gegen Hoffnungslosigkeit
Für eine bessere Klimakommunikation
Die Grazer Charta will uns helfen, besser über die Klimakrise kommunizieren zu können. Sie ist als Orientierung gedacht für Klimaschutzbeauftragte in Kommunen ebenso wie für Fachleute aus der Klimaforschung, für Verkehrsexpertinnen oder Installateure, die mit ihren Kunden über neue Heizungen sprechen. «Die neue Klimakommunikation aktiviert Menschen und motiviert sie zum Handeln. Ziel ist es, Veränderungen sowohl auf gesellschaftlicher als auch auf persönlicher Ebene zu erzielen», heisst es in der Charta. Mehr bei Klimafakten.de.
Aktiv gegen mehr Verkehr
Aktiv einen Beitrag für den Klimaschutz zu leisten, hilft gegen die Hoffnungslosigkeit. Bei der Abstimmung über den Ausbau des Autobahnnetzes wird es knapp: Jede Stimme dagegen ist wichtig. Die Abstimmung ist am 24. November. Hier nochmals die wichtigsten Argumente, um Familie und Freund:innen zu überzeugen:
Mehr Strassen = mehr Verkehr
Jede zusätzliche Strasse verursacht Mehrverkehr, das wird durch unzählige Studien und Erfahrungen auf der ganzen Welt bestätigt. Die geplanten Autobahnprojekte enden alle in Städten. Der zusätzliche Autoverkehr hat keinen Platz. Eine Verbreiterung der Fahrspuren auf der Autobahn und der damit einhergehende Mehrverkehr werden diesen Trichtereffekt nur noch verstärken.
Kostet zu viel
5,3 Milliarden Franken kosten allein die Projekte, über die wir jetzt abstimmen. Noch nicht einberechnet sind darin Unterhaltskosten. Insgesamt plant der Bundesrat, 35 Milliarden Franken für den Autobahnausbau auszugeben. Dafür soll beim öffentlichen Verkehr gespart werden. So streicht der Bundesrat 77 Millionen Franken Subventionen für Nachtzüge sowie für E-Busse und E-Schiffe. Seit dem Jahr 1990 haben sich die Preise des öffentlichen Verkehrs verdoppelt, während die fürs Auto kaum zugenommen haben.
Widerspricht dem Klimaziel
Die Schweiz will ihre Verkehrsemissionen bis 2050 um 100% zu reduzieren. Der Autobahnausbau steht im Widerspruch zu diesen Zielen. In seinem Bericht über den Autobahnausbau gibt der Bundesrat denn auch unumwunden zu, dass dadurch die CO₂-Emissionen zunehmen werden.
Bei Umverkehr findest du noch mehr Argumente gegen den Ausbau der Autobahnen.